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Texte

Aachen auf dem Weg zu einer Postwachstumsstadt – Visionen für eine lokale Umsetzung des Postwachstumskonzeptes am Beispiel der Stadtfunktionen Ernährung und Wohnraum

 

  • Bachelorarbeit von Lea Steinacker

  • Leuphana Universität Lüneburg / Fakultät Nachhaltigkeit

 

Auszüge:

ABSTRACT

Zunehmende ökologische und soziale Krisen machen deutlich, dass ein auf unendliches Wachstum ausgerichtetes Wirtschaften dauerhaft nicht möglich ist. Während Vertreter*innen schwacher Nachhaltigkeitspositionen davon ausgehen, dass Wirtschaftswachstum durch den Einsatz technologischer Innovationen ohne den Verbrauch natürlicher Ressourcen möglich ist, fordern Vertreter*innen der Postwachstumsdebatte die Abkehr vom Wachstumsparadigma.

 

Da der überwiegende Teil von Ressourcenverbräuchen und klimaschädlichen Emissionen auf den Konsum von Stadtbevölkerungen zurückzuführen ist, bieten Städte einen Ansatzpunkt für die Initiierung einer Postwachstums-transformation. Um die Ernährung der Stadtbevölkerung zu sichern, sind Städte Knotenpunkte in globalen Ressourcen- und Warenströmen. Die Nachfrage nach günstigen Lebensmitteln, die sich in den Städten konzentriert, führt zu sozialen und ökologischen Folgekosten entlang der Lieferkette. Wachsende Bevölkerungszahlen und ressourcenintensive Lebensstile üben Druck auf städtische Wohnungsmärkte aus, sodass die Schaffung von Wohnraum auch innerhalb der Städte selbst ökologische und soziale Konsequenzen hat. Die Umsetzung des Postwachstumskonzeptes in der Stadt kann zur Lösung dieser Problemlagen beitragen.

 

Die Untersuchung des Fallbeispiels Aachen hat ergeben, dass das Ernährungssystem in einer Postwachstumsstadt in Form von einer lokalen Subsistenzwirtschaft organisiert werdenkönnte. Um dem Wohnraum dem Spekulationsmarkt zu entziehen und einen gerechten Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten, wäre der Wohnungsbestand in kommunaler Hand oder durch gemeinschaftsgetragene Wohnprojekte verwaltet. Damit möglichst wenige Grünflächen zu versiegelt werden, wird die individuelle Wohnfläche verringert und bestehender Wohnraum flexibel nutzbar gemacht. Die Stadt Aachen hat verschiedene Handlungsoptionen, diese Visionen zu erreichen. Projekte, die in gesellschaftlichen Nischen bereits wachstumsunabhängige Modelle erproben, können wichtige Impulse bei der Postwachstums-transformation in einer Stadt geben.

 

Einleitung

Bei der Frage, auf welcher Ebene die Transformation zu einer Postwachstumsgesellschaft ansetzen könnte, wird zunehmend das Potential von Städten erkannt. Obwohl dort bereits heute wachstumskritische Ansätze in Form von Nischenexperimenten erprobt werden, ist Postwachstum bisher noch nicht in ein Leitbild für die Stadtentwicklung übersetzt worden. Konkrete Visionen, wie eine Stadt aussehen könnte, die in ihren gesamten Funktionen wachstums-unabhängig ist, existieren in der Diskussion um Postwachstumsstädte bisher nur skizzenhaft (hierzu exemplarisch „Das Manifest der Postwachstumsstadt“, Brokow-Loga/Landau 2020, S.) 

 

Herleitung aus der Nachhaltigkeitsdebatte

Der Begriff der Nachhaltigkeit ist in den vergangenen Jahrzehnten zum „Leitbild im Zukunftsdenken bei der Gestaltung des 21. Jahrhunderts – und für die Rettung des Planeten aus einer tiefen Krise“ (Grober 2013, S. 14) geworden. Im Wesentlichen lassen sich im Nachhaltigkeitsdiskurs zwei Argumentationsper-spektiven voneinander abgrenzen. Diese unterscheiden sich anhand ihrer Positionen zu der Frage, ob Wirtschaftswachstum durch ökologische Grenzen begrenzt ist, oder ob sich ökonomische Wertschöpfung unendlich steigern lässt (vgl. Roos 2020, S. 1). Nachhaltigkeitskonzepte, die die Substituierbarkeit natürlichen Kapitals voraussetzen, werden als Konzepte einer schwachen Nachhaltigkeit bezeichnet (vgl. Michelsen/Adomßent 2014, S. 32). Quantitatives Wirtschaftswachstum bildet in schwachen Nachhaltigkeitskonzeptionen die Grundlage für gesellschaftlichen Wohlstand. Damit dieses erhalten bleibt, müssen natürliche Ressourcen möglichst effektiv genutzt werden. Ein nachhaltiges quantitatives Wirtschaftswachstum setzte deshalb eine ökologische Modernisierung des Wirtschaftssystems voraus. Durch den Einsatz technologischer Innovationen, wie etwa die Nutzung erneuerbarer Energien, soll die ökonomische Wertsteigerung von negativen Folgen für die Umwelt entkoppelt werden (vgl. Paech 2018, S. 72.)

 

Zieldimensionen der Postwachstumstransformation

Ausgehend von der beschriebenen Wachstumskritik stellen sich die Vertreter*innen des Postwachstumskonzeptes die Frage, wie eine wünschenswerte Gesellschaft jenseits des Wachstumsparadigmas gestaltet werden kann. Dies setzt eine Transformation, also einen „grundlegenden Wandel – und zwar nicht nur ökonomischer oder politischer oder kultureller Art, sondern im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang“ (Brand 2020, S. 32) voraus.

 

Der Postwachstumsdiskurs bietet dafür vielfältige Vorschläge, die sich in drei Zieldimensionen zusammenfassen lassen. Zunächst soll die Postwachstumstransformation zur Herstellung einer globalen ökologischen Gerechtigkeit führen. Anstelle ökonomischer Effizienz ist das Ziel gesellschaftlicher Entwicklung, allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, ohne dabei die ökologischen Ressourcen des Planeten zu zerstören.

 

Daran anknüpfend ist es das zweite Ziel einer Postwachstumsgesellschaft, durch die Stärkung von Demokratie und kollektiver Selbstbestimmung, soziale Gerechtigkeit und ein „gutes Leben für alle“ zu ermöglichen.

 

Zuletzt soll eine Postwachstumstransformation wachstumsabhängige gesellschaftliche Institutionen und Infrastrukturen so umgestalten, dass diese weder auf Wachstum angewiesen sind, noch Wachstum erzeugen. Ansatzpunkte dieser strukturellen Überwindung der Wachstumsgesellschaft sind materielle Infrastrukturen und technische Systeme, gesellschaftliche Institutionen und mentale Infrastrukturen, die aktuell ohne Wachstum in eine Krise geraten würden.

 

Weitere Auszüge sowie das Literaturverzeichnis Hier Download (PDF)